Immer wieder versucht Katja das neugeborene Kälbchen geduldig zum Trinken zu bewegen. Die Zootechnikerin schiebt ihm sanft und wiederholt den Nuckel ins Maul.

Eine Trinkverweigerung kann bei Kälbern verheerend sein. Denn beim Rind gibt es während der Trächtigkeit keinen Transfer von Antikörpern vom Muttertier auf den Fötus. Nach der Geburt wird das Immunsystem des Kalbes von Bakterien, Viren und Parasiten jedoch regelrecht bombardiert.

„Biestmilch enthält hohe Konzentrationen an Energie, Eiweiß, Vitaminen sowie Mengen- und Spurenelementen, die für den Start des Kalbes in das Leben ganz entscheidend sind“, erläutert der internationale Experte Dr. Kleen im Rahmen seiner Beratungen im nördlichen Kasachstan. Kolostrum sei damit nicht nur in den ersten Lebenstagen ein wahrer Zaubertrank, sondern die Basis für die Gesundheit des Kalbes. „Biestmilch ist so gesehen eigentlich keine Milch, sondern Medizin für das Kalb“, sagt der erfahrene Tierarzt.

Die höchste Konzentration an Immunglobulinen enthält das Kolostrum des ersten Tages. Schnell nimmt die Konzentration der Antikörper ab, deshalb ist es wichtig, dem Kalb in den ersten 4 Lebensstunden mindestens 4 Liter Kolostrum zu geben.

Will das neugeborene Kalb trotz aller Geduld und wiederholter Aufforderung nicht trinken, hilft nur das sogenannte Drenchen. Dieses Verabreichen der Biestmilch mit Hilfe einer Sonde sollte eigentlich vermieden werden, denn durch diese Prozedur kann Milch in den Pansen oder – schlimmer noch – in die Luftröhre gelangen.

Ist gar kein oder nicht ausreichend Kolostrum vorhanden, kommt aufgetautes Kolostrum zum Einsatz, das zuvor von anderen Kühen abgezweigt und eingefroren wurde.

Nur Kälber, die gut mit Kolostrum versorgt werden, verfügen durch die aufgenommenen Antikörper über einen ausreichenden Schutz vor den wichtigsten Krankheitserregern. Das verschafft dem Immunsystem des Kalbes Zeit zur Entwicklung.

Uwe Weddige

Foto: KFM